Anfragen

Die Kunst des Müßiggangs – Warum es gut ist, mal nichts zu tun

Schon mal neben einem Ameisenhaufen gesessen? Alles wuselt und wimmelt. Emsig rennen die kleinen, erstaunlich starken Tierchen umher, schleppen ein Vielfaches ihres Körpergewichts und balancieren ihre Waldschätze gekonnt zur Ameisenburg. Beobachtet man sie eine Weile, fällt auf: Nach dem Abladen ihrer Last laufen sie schneller, leichter – als hätte die Arbeit sie nicht erschöpft, sondern beflügelt. Ein faszinierendes Schauspiel. Die Ameise scheint zu wissen, wann genug ist. Sie trägt, sie liefert ab – und dann lässt sie los.

Und wir? Wir schleppen auch. Gedanken, Termine, To-dos. Doch wenn wir unseren Rucksack an Aufgaben endlich ablegen, wenn der Kalender leer ist, fühlen wir uns oft nicht beflügelt, sondern verloren. Als hätten wir das süße Nichtstun verlernt. Wann ist uns die Kunst des Müßiggangs abhandengekommen – diese Fähigkeit, einfach zu sein, ohne etwas leisten zu müssen?

Nichtstun klingt simpel. Doch was einfach klingt, kann sich erstaunlich schwer anfühlen. Die US-amerikanische Künstlerin Jenny Odell beschreibt in ihrer Rede How to Do Nothing, wie unsere Zeit und Aufmerksamkeit vom modernen Leben vereinnahmt werden – zwischen den verschwommenen Grenzen von Arbeit, Freizeit und Ruhe. Sind es genau diese unscharfen Übergänge, die verhindern, dass wir wirklich abschalten? Der Körper ruht, doch der Kopf arbeitet weiter.

Vielleicht braucht es Orte, die uns das Nichtstun erleichtern?

Räume, in denen Stille nicht als Leere empfunden wird, sondern als Einladung. Etwa die Natur: Beim Waldbaden – diesem bewussten Eintauchen ohne Ziel, ohne Ablenkung – wird Nichtstun zu einer Rückkehr in jene kindliche Neugier. Zwischen Moos und Vogelstimmen wird Langeweile nicht verdrängt, sondern willkommen geheißen. Die Natur wird zum stillen Lehrmeister. Sie zeigt uns, wie absichtsloses Verweilen gelingt. Ohne Handy. Ohne Ziel. Ohne Zeitdruck.

alexmoling_laposch-264.jpg